Earn-Outs beim Unternehmensverkauf: Steuerfalle oder legitimer Kapitalgewinn?
7/22/2025
In der Schweiz sind Kapitalgewinne aus dem Verkauf von Privatvermögen grundsätzlich steuerfrei – das gilt auch für Unternehmensanteile.
Doch wie so oft im Steuerrecht gibt es Ausnahmen. Besonders bei sogenannten Earn-Out-Klauseln kann es passieren, dass Teile des Gewinns nicht als steuerfreier Kapitalgewinn, sondern als steuerpflichtiges Einkommen qualifiziert werden. Für Unternehmerinnen und Unternehmer, aber auch für Finanzberaterinnen und Finanzberater, birgt das erhebliche Risiken.
Was ist ein Earn-Out?
Ein Earn-Out ist ein variabler Teil des Kaufpreises, der beim Unternehmensverkauf nicht sofort bezahlt wird, sondern vom zukünftigen Geschäftserfolg abhängt. Typischerweise leistet die Käuferin beim Vertragsabschluss eine fixe Zahlung, der restliche Betrag wird über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren auf Basis definierter Leistungskennzahlen (z.B. Umsatz, EBITDA oder Abschluss bestimmter Projekte) entrichtet.
Diese Form der Nachfolgefinanzierung ist besonders dann beliebt, wenn Unsicherheit über den zukünftigen Geschäftserfolg besteht oder der Verkäufer weiterhin im Unternehmen mitarbeitet.
Beispiel aus der Praxis
Herr Meier verkauft seine Firma für insgesamt CHF 1,5 Mio. Der Kaufvertrag sieht wie folgt aus:
CHF 1 Mio. fester Kaufpreis bei Vertragsabschluss
CHF 500'000 Earn-Out-Zahlung, abhängig vom Erreichen eines definierten Umsatzziels im Folgejahr
Herr Meier bleibt für 12 Monate im Unternehmen als Berater aktiv (mit reduziertem Gehalt)
In diesem Fall besteht die Gefahr, dass die CHF 500'000 nicht als steuerfreier Kapitalgewinn, sondern teilweise oder ganz als Einkommen eingestuft werden – insbesondere wenn der Earn-Out an Meiers Beratungstätigkeit oder an ein Konkurrenzverbot gebunden ist.
Abgrenzung: Kapitalgewinn vs. Einkommen
Die steuerliche Beurteilung hängt stark von der konkreten Vertragsgestaltung ab. Gemäss Art. 16 Abs. 3 DBG sind Kapitalgewinne im Privatvermögen steuerfrei – sofern sie tatsächlich aus der Veräusserung eines Vermögenswerts stammen und nicht der Abgeltung persönlicher Leistungen oder Pflichten dienen.
Indikatoren für steuerpflichtiges Einkommen:
Koppelung an persönliche Leistung: Der Earn-Out ist abhängig von der weiteren Mitarbeit des Verkäufers oder einem Konkurrenzverbot.
Vergütungsausgleich: Das Gehalt wird reduziert und durch Earn-Out kompensiert.
Ungleichbehandlung: Aktive Verkäufer erhalten höhere Zahlungen als passive.
Vertragsformulierung: Der Earn-Out ist direkt mit Anstellungsverträgen oder Pflichten verknüpft.
Empfehlungen für die Vertragsgestaltung
Damit der Earn-Out als Teil des steuerfreien Kapitalgewinns anerkannt wird, sollten Käufer und Verkäufer – in Zusammenarbeit mit erfahrenen Steuerexperten – auf folgende Punkte achten:
Marktwertbezug: Der Kaufpreis (inkl. Earn-Out) sollte dem objektiven Marktwert entsprechen. Ein unabhängiges Gutachten kann hier entscheidend sein.
Klare Trennung von Leistungen: Der Earn-Out darf nicht mit der künftigen Leistung des Verkäufers oder einem Verhalten verknüpft sein.
Transparente Lohnstruktur: Falls der Verkäufer weiterhin im Unternehmen tätig ist, sollte der Lohn unverändert bleiben – andernfalls kann ein Lohnverzicht in Kombination mit einem Earn-Out steuerlich problematisch werden.
Separate Regelung für Konkurrenzverbote: Falls ein solches vereinbart wird, sollte es nicht über den Earn-Out entschädigt werden, sondern über separate Straf- oder Kompensationsregelungen.
Fazit
Die steuerliche Behandlung von Earn-Outs ist komplex – und kann im schlimmsten Fall zu erheblichen Steuerforderungen führen. Gerade wenn der Verkäufer weiterhin im Unternehmen tätig ist, sind Sorgfalt und klare Abgrenzung gefragt. Für Finanzberaterinnen und -berater ist es entscheidend, Unternehmer auf diese Risiken hinzuweisen und rechtzeitig spezialisierte Steuerexperten beizuziehen.
Ein falsch konzipierter Earn-Out kann dazu führen, dass aus einem vermeintlich steuerfreien Kapitalgewinn plötzlich voll steuerpflichtiges Einkommen wird. Wer hier sauber arbeitet, schützt nicht nur den Kunden, sondern auch sich selbst vor bösen Überraschungen.
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